Nach 2 Jahren ist die Umstellung des Betriebes abgeschlossen und die Milch unserer regionalen Lieferantinnen Ute Ebel und Anita Kelmendi ist jetzt ganz offiziell Biomilch.
Bei der Milchproduktion setzen die beiden Landwirtinnen auf traditionelle Methoden, was bedeutet, dass die Milch für lediglich 20 Sekunden lang auf exakt 72,5°C erhitzt und anschließend sofort wieder gekühlt wird. So werden Keime abgetötet, die Milchsäurebakterien bleiben jedoch erhalten. Danach wird die Milch in den Tank für die Abfüllstationen bzw. in die Milchflaschen gefüllt und bei 4°C gelagert, bzw. zu den Verkaufsstellen gebracht. Diese handwerkliche Produktionsweise und Abfüllung birgt eine weitere Besonderheit - weil die Milch weder heiß noch unter Vakuum abgefüllt wird, ploppt der Flaschendeckel beim ersten Öffnen nicht.
Vorher Nachher
Die beiden Geschwister haben ihren kleinen Familienbetrieb in den letzten beiden Jahren wirklich komplett umgekrempelt, um die Kriterien, die für die Bio-Zertifizierung notwendig sind, einhalten zu können. Ein wichtiger Aspekt dabei ist natürlich das Futter für die Tiere. Seit beginn der Umstellung werden keine Dünge- und Unkrautvernichtungsmittel mehr eingesetzt. Die immense Mehrarbeit bei der Unkrautbekämpfung stellt für den kleinen Betrieb eine große Herausforderung dar.
Auch die Haltung der Tiere erfolgt nun artgerecht entsprechend der Bio-Zertifizierungsmaßstäbe. In den bestehenden Stallgebäuden wurde eine großzügige Freilauffläche mit Strohliegebereich für die 26 Milchkühe geschaffen und überdies ein komfortabler Abkalbestall und neue Räume für die Jungtier-Gruppen eingerichtet.
Doch allein mit der Umstellung auf einen zertifizierten Biobetrieb ist es für die Geschwister nicht getan.
Nachdem die erste große Hürde geschafft ist, haben die beiden Frauen aber schon jetzt eine Menge Pläne für weitere Umstrukturierungen und Verbesserungen. Vor allem möchten Anita und Ute ihre angebotene Produktpalette erweitern und dafür die Zusammenarbeit mit Partnerbetrieben in der Region intensivieren und ausbauen.
Ein Teil der Milch wird ausschließlich über selbst organisierte Vertriebswege in der Region verkauft. Um ganz unabhängig von der Molkerei wirtschaften zu können, soll das Vertriebsnetz ausgebaut und effizienter gestaltet werden.
Die Milch direkt auf dem Bauernhof selbst holen ist für manche Menschen eine schöne Erinnerung an früher, für die Landwirtinnen ist der Verkauf ab Hof zunächst das Naheliegendste. Sie betreiben einen kleinen Selbstbedienungs-Shop, für den sie eigens eine GbR gegründet haben. Dort bekommt man immer eine große Auswahl an eigenen Milchprodukten, unter anderem auch Joghurt, sowie Eier, Saft, Marmelade, Mehl, Nudeln, Fleisch und Wurst und leckeres Eis - nicht alles Bio, aber alles aus der Region. Von den Menschen in der Nachbarschaft und den umliegenden Dörfern wird dieses Angebot bereits sehr gut angenommen.
Vielen Witzenhäsuer*innen wird auch der Milchautomat im tegut schon bekannt sein, an dem man die Weidemilch selbst in Glasflaschen abfüllen kann. Außerdem gibt es die Milch auch noch in mehreren kleinen Supermärkten, Dorfläden und sonstigen Verkaufsstellen in der Umgebung. (Adressen siehe Anhang)
Neben Milch gibt es auch schon einige Käsesorten aus Witzenhäuser Weidemilch: Einen Bauernkäse Natur oder mit verschiedenen Kräutern und einen feta-artigen Hirtenkäse mit unterschiedlichen Einlagen wie z.B. Oliven. Es findet sich also für jeden Geschmack eine Leckerei. Die Biozertifizierung für Joghurt und Käse ist in greifbarer Nähe.
Für Ute und Anita steht nicht nur die Qualität der erzeugten Milch(-produkte), sondern besonders auch das Wohlergehen der Rinder im Mittelpunkt ihrer Arbeit. Die beiden Geschwister sehen deswegen eine große Schwachstelle im System, denn was bei der Biozertifizierung bisher kaum eine Rolle spielt, ist die Frage, was mit den Kälbern, vor allem den männlichen, passiert. Beispielsweise ist es auch bei Biobetrieben üblich, dass die Kälber nicht bei der Mutterkuh bleiben - verpflichtend ist lediglich eine dreimonatige Vollmilchtränke und das auch nur, solange die Tiere auf dem Hof bleiben. Werden die Kälber nach 14 Tagen, wie es auch bei Biobetrieben die Regel ist, an einen Mastbetrieb verkauft, ist diese Regel hinfällig.
Die Ebels sehen im Umgang mit den Lebensbedingungen der Tiere einen dringenden Handlungsbedarf und sich selbst in der Verantwortung, deshalb stecken sie sehr viel Energie in die Entwicklungen besserer Lösungen.
Auf ihrem Hof werden jedes Jahr ca. 30 Kälber geboren für die zurzeit verschiedene Strategien zur Vermeidung von Tierleid erprobt werden:
1. Aufzucht für den Eigenbedarf
Etwa ein Viertel der Tiere, die auf dem Hof zur Welt kommen, ist für den Bestand der Milchkuhherde notwendig und bleibt daher in Albshausen.
"Wir kooperieren mit Milchviehbetrieben aus der Region, die Deutsche Schwarzbunte Niederungsrinder halten. Wir holen die Tiere dort im Alter von ca. vier Monaten selbst ab. Bis dahin haben sie viel gute Bio-Vollmilch und gutes Bio-Heu bekommen. Wir kaufen wenn möglich immer zwei „befreundete“ Tiere auf einmal, sodass sich nicht ein Tier alleine in die neue Herde integrieren muss. Da sie bisher auf den Milchviehbetrieben viel und guten Kontakt zu Menschen hatten, sind sie fast schon handzahm. Der Umgang mit den Tieren ist deshalb meistens sehr unkompliziert, angst- und stressfrei für Mensch und Tier.
Von April bis Dezember halten wir unsere Rinder auf der Weide. Dort haben sie viel Bewegung, frische Luft, Licht und bestes Futter. In den Wintermonaten, in denen das Leben auf der Weide extrem ungemütlich wird, leben die Tiere in einem großzügigen Laufstall auf Stroh."
"Die Faszination Rinderhaltung
Mit Beginn der Rinderhaltung haben wir uns den langgehegten Wunsch erfüllt, qualitativ hochwertiges regionales Fleisch unter besten Haltungsbedingungen zu produzieren.
So zogen die ersten Zuchttiere der Rasse Rotes Harzer Höhenvieh ein und legten den Grundstein für unser Vorhaben!
Am Fuße des Kyffhäusers züchten wir nun diese ursprüngliche, robuste mittelgroße Rinderrasse.
Unsere Tiere grasen in einer möglichst ausgedehnten Weidesaison auf großen Weiden, dies garantiert ein langsames Wachstum, gesunder Tiere. Zudem fördert diese Art der Haltung ein gesundes Ökosystem, dass in der modernen Welt oft auf der Strecke bleibt.
Die Winterzeit verbringen die Tiere in großzügigen, teilüberdachten Tiefstreuboxen. Auch hier legen wir Wert auf eine Fütterung mit regionalem Grundfutter, welches wir zum Teil selbst produzieren.
Auf den Einsatz von Futtermitteln auf Sojabasis sowie Wachstumsstimulation verzichten wir gänzlich. So betreiben wir keine Mast, sondern ziehen gesunde Tiere in einem Tempo auf, dass jedes Tier für sich selbst bestimmt."
Gnadenhöfe werden in der Regel von Fundraising und Besuchern finanziert.[5] Solche Höfe dienen keinem kommerziellen Zweck.[6] Ihrem Selbstverständnis liegen Tierschutz- oder Tierrechtspositionen zugrunde.
Erste Einrichtungen, in denen Tiere bis zu ihrem Lebensende versorgt wurden, sind für den Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt. Der Schriftsteller und Kleinbauer Christian Wagner gewährte allen seinen Tieren auf seinem Hof das Gnadenbrot und kaufte zusätzlich weitere Tiere frei, um sie vor dem Schlachten zu retten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gnadenhof
“Zweinutzungsrassen kombinieren die Leistungsmerkmale Milch und Fleisch. Man unterscheidet milchbetonte, fleischbetonte oder milch- und fleischbetonte Rassen.”
Auf der Website der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung werden verschiedene Rassen vorgestellt und die besonderen Eigenschaften der Tiere beschrieben.
“Zweinutzungsrassen sind meist alte Landrassen. Sie sind ein Merkmal der traditionellen Landwirtschaft, als man für die eigene Versorgung eine möglichst vielfältige Nutzung anstrebte. Die Spezialisierung auf einzelne Leistungsmerkmale setzte im 18. Jahrhundert ein, als Züchter wie Robert Bakewell lokale Rassen, die vorwiegend in der Subsistenzwirtschaft eine Rolle spielten, durch eine selektive Auswahl von qualitativ hervorstechenden Elterntieren gezielt auf einzelne Leistungsmerkmale verbesserte.”
Ausführliche Informationen über Zweinutzungsrassen bei Haustieren gibt es bei Wikipedia:
“Die Themen Saatgut und Bruderhahn machten Mut, auch Fleisch als Koppelprodukt der Milcherzeugung zu thematisieren. Bislang gehen schätzungsweise bis zu 80 Prozent der Bio-Kälber in die konventionelle Mast. Im Naturkostfachhandel sei die Hürde allerdings oft groß, Bio-Kalbfleisch zu verkaufen, weil Fleisch im Sortiment der Läden eine untergeordnete Rolle spielt.
Grundsätzlich sei es wichtig, dass Konsumentinnen und Konsumenten weniger Fleisch verzehren, merkte Ratter an. Aber der Bio-Rindfleischverzehr müsse zum Bio-Milchverbrauch passen, wenn alle Bio-Tiere auch als Bio-Fleisch vermarktet werden sollen.” (Zitat von Saro Ratter, Projektmanager Tierwohl bei der Münchner Schweisfurth-Stiftung, aus dem bioland-Fachmagazin vom 23.02.2021: Einzelhändler schaffen Markt für Bio-Kälber.)
“Die Spezialisierung der Milchproduktion in der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft ist verbunden mit der Erzeugung‚ 'überzähliger‘ Kälber, die weder unter ethischen noch ökonomischen Aspekten einen Wert und Nutzen erfahren. Die Kälber werden üblicherweise direkt nach der Geburt von der Mutter getrennt, werden größtenteils im Alter von 2 bis 5 Wochen verkauft, verlassen die regionale (Bio-) Wertschöpfungskette und werden nach Norddeutschland und ins Ausland transportiert und dort gemästet. Dieses “Kälberproblem” ist beispielhaft für die Komplexität technologischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen und für aktuelle tierethische Aspekte der Nutztierhaltung.
Innovative und wertschöpfende Lösungsstrategien in den Bereichen Tierzüchtung, Tierhaltung und Vermarktung wurden zusammen mit Bio-Landwirten, Vertretern der Bio-Verbände, Erzeuger- und Absatzgemeinschaften und Einzelexperten in der Vorphase des WertKalb‘-Projektes identifiziert.”
The Milk System